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Kapitel 2. Von der Vorgeschichte bis zum Hochmittelalter

ei der Torfgewinnung wie beispielsweise im holsteinischen Dosenmoor sind einige archäologisch interessante Gegenstände gefunden worden. Zu ihnen zählen Beile, Spalter, Pfeilspitzen aus Feuerstein, Horngeräte, Textilreste, ein Bohlenweg und sogar ein mittelalterliches Silbermünzendepot.

 Die ältesten Funde können der mittleren Steinzeit zugeordnet werden (8000 - 4000 v. Chr.). Während dieser Kulturperiode waren die großen Moorflächen des Dosenmoors bei Einfeld offene Seen. An ihren Ufern sind uns insgesamt 12 Wohnplätze bekannt, die locker gestreut lagen. Dort lebten Gruppen von Jägern und Fischern in einfachen Laubhütten.

 Aus der Zeit zwischen 3000 - 500 v. Chr. befinden sich auffällig viele Flintschlagplätze an den Steilhängen der Schwale, Stör und Dosenbek.(1) Südlich des Dosenmoors bei Großharrie sind zudem mehrere Siedlungsgruben, Hausreste und Gräber gefunden worden. Eine der Grabstätten beinhaltete neben einem Tonbecher mit Fischgrätenmuster den bislang reichsten Bernsteinfund der Schleswig-Holsteinischen Einzelgrabkultur.(2)

gerichtsmedizinische Rekonstruktion Die Moore dienten in der Folgezeit auch als Hinrichtungs- und Bestattungsorte. Die meisten der zum Teil viele hundert Jahre alten und oft gut erhaltenen Moorleichen waren einst Menschen, die Opfer von Verbrechen oder Hinrichtungen geworden sind. Bekannte Beispiele hierfür sind u.a. das nackte, blonde, vierzehnjährige Kind von Windeby aus dem Moor bei Eckernförde, der entmannte und geköpfte Mann von Dätgen und der Erschlagene von Rendswühren.(3) Sie können heute im Archäologischen Landesmuseum in Schleswig besichtigt werden.

 Die ersten Jahrhunderte nach unserer Zeitrechnung waren geprägt durch Völker- und Stammesbewegungen. Durch Schleswig-Holstein zogen etwa im Jahr 160 die Cimbern und Charuden, die Heruler und Rugier. Ab Mitte des 2. Jahrhunderts bis Mitte des 5. Jahrhunderts kamen die Angeln und Sachsen. Sie setzten zusammen mit den Jüten, die im nördlichen Schleswig beheimatet waren, nach Britannien über und errichteten dort das angelsächsische Reich. Mitte des 6. Jahrhunderts durchstreiften die Angeln und Sachsen wieder Schleswig-Holstein.(4)

 Seit dem 6. Jahrhundert wanderten Slawen in die von Germanen während der Völkerwanderung verlassenen Gebiete von Osten her ein, überschritten stellenweise die Elbe und drangen im Norden etwa bis an die Schwale und den Dosenbek vor.

 Karolingische Quellen berichten über das Jahr 798 erstmalig über den dramatischen Krieg der nordelbischen Sachsen gegen die Franken. Für die sächsischen Stämme handelte es sich dabei um einen Zweifrontenkrieg. Denn Karl der Große hatte sich mit den slawischen Wagriern verbündet.

 Einhard, der Schreibgelehrte Karls schilderte die Ereignisse wie folgt:

Kein Krieg, den das Volk der Franken unternahm, ist mit solcher Ausdauer, Erbitterung und Anstrengung geführt worden; denn die Sachsen, die wie fast alle Völkerschaften Deutschlands wild von Natur, dem Götzendienst ergeben und gegen unsere Religion feindselig waren, hielten es für nicht unehrenhaft, göttliches und menschliches Recht zu übertreten und zu schänden. ... Daher wurde der Krieg begonnen und von beiden Seiten mit großer Erbitterung, jedoch mehr zum Nachteil der Sachsen als der Franken, dreiunddreißig Jahre lang ununterbrochen fortgeführt. ... einige Mal waren die Sachsen so geschwächt und zugrunde gerichtet, dass sie selbst gelobten, dem Götzendienst zu entsagen und den christlichen Glauben anzunehmen. Aber wenn sie einerseits mehrmals bereit waren, dem nachzukommen, so waren sie anderseits jedes Mal sogleich eifrig bei der Hand, das Gegenteil zu tun ... . Nachdem Karl zuletzt alle, die ihm Widerstand geleistet hatten, besiegt und unterjocht hatte, riss er zehntausend Mann mit Weib und Kind aus ihren Wohnsitzen auf beiden Ufern der Elbe heraus und siedelte sie in vielen Gruppen in verschiedenen Gegenden Deutschlands und Galliens an. Unter folgenden Bedingungen aber, die vom König gestellt und von den Sachsen angenommen wurden, nahm der Krieg ein Ende, der sich so viele Jahre hingezogen hatte: Sie sollten dem heidnischen Götzendienst und den heimischen Religionsbräuchen entsagen, die Sakramente des christlichen Glaubens annehmen und sich mit den Franken zu einem Volk verbinden."(5)

 Nach dem Sieg der Franken im Jahr 805 wurde an der Ostgrenze Sachsens der sogenannte Limes Saxoniae eingerichtet.(6) Ein Urwaldgürtel zwischen sächsischen und slawischen Siedlungsgebieten, der über mehrere Jahrhunderte bestand haben sollte und von dem bis heute beispielsweise der Sachsenwald bei Hamburg erhalten ist.(7)

 Am Rande des Gürtels befanden sich Befestigungsanlagen wie unter anderem auf sächsischer Seite die Wittorfer, Einfelder und Borgdorfer Burg. Sie bildeten die nordöstlichen Endglieder in einer Reihe von Sicherungsanlagen, die durch umfangreiche Moorgebiete wie das Dosenmoor und Wasserflächen wie der Einfelder See geographisch gesichert waren. Eine naturgegebene sandige und relativ trockene Eingangspforte zwischen Holstein und dem Slawenland verlief östlich von der Wittorfer Burg. Die slawischen Handels- und Heerwege fanden dort beziehungsweise in dem später gegründeten Neumünster ihren Anschluss an das mittelalterliche Straßennetz.

 Rund sieben Kilometer nördlich von der Wittorfer Burg befand sich die Einfelder Burg. Sie lag im Gegensatz zu anderen Sicherungsanlagen etwas abgelegen von allen Verkehrswegen in versteckter Lage und diente als Schutzeinrichtung für die in der Nähe der slawischen Siedlungsgebiete wohnende sächsische Bevölkerung. Von der Einfelder Burg sind noch heute Teile der Wallanlagen erhalten. Sie war im Osten vom Einfelder See geschützt und im Westen und Norden durch die Ellhornniederung sowie durch einige kleinere Sumpflöcher gesichert. Ein natürlicher, früher wahrscheinlich im Sumpfgebiet versteckt gelegener Zugang führte hart am Ufer des Einfelder Sees von Süden her zur Burg.(8)

 Nachdem das nordelbische Stammesgebiet in das Karolingerreich einbezogen worden war, kam es im 9. Jahrhundert erneut zu schweren Kämpfen, diesmal gegen die Slawen und Dänen. Während des 10. Jahrhunderts bescherte die Politik der Ottonen auch den holsteinischen Grenzgebieten eine Phase der Ruhe. Die im 11. Jahrhundert wieder aufflammenden Kämpfe zwischen Slawen und Sachsen endeten mit einer gewissen Vormachtstellung der Slawen.

 Die in Holstein ansässigen Sachsen wurden im 9. bis 11. Jahrhundert als "virtus Holzatorium" (Holstenkrieger) bezeichnet. Eine im Kriegsdienst besonders erprobte Grenzbevölkerung in der damals als Faldera (wasserreiches Land) bezeichneten Region. Das Funktionieren eines wirksamen Grenzschutzes setzte die Existenz einer wirtschaftlich unabhängigen Großbauernschaft voraus, die die finanziellen Belastungen für eine reitermäßige Kriegsausrüstung tragen konnte.(9)

 Helmold berichtet in seiner Slawenchronik, die in den Jahren zwischen 1163 und 1172 geschrieben wurde,(10) Folgendes über die katastrophale Lebenssituation der nordsächsischen Bevölkerung im 11. Jahrhundert:

 Der Slawenfürst Cruto wurde in den Jahren nach 1074 oder 1075 mächtig und das Werk seiner Hände gedieh und er erlangte die Herrschaft über das gesamte Land der Slawen. Und aufgerieben wurden die Streitkräfte der Sachsen, sie selbst aber wurden dem Cruto zinspflichtig, nämlich das ganze Land der Nordelbinger, welches unter drei Völkern verteilt ist: unter die Holzaten (Holsten), die Sturmarn (Stormarner) und die Dithmarschen (Dithmarscher). Diese alle trugen das harte Joch der Knechtschaft während Crutos ganzer Lebenszeit. Und das Land wurde voll Raubgesindels, das unter dem Volke Gottes Mordtaten verübte und die Menschen gefangen hinweggeführt. Und sie verschlangen die Stämme der Sachsen mit gierigem Rachen. Damals machten sich von dem Volk der Holzaten mehr als sechshundert Familien auf, setzten über den Fluss (Elbe) und zogen weithin, um sich geeignete Sitze zu suchen, wo sie der Wut der Verfolgung entrinnen mochten. Sie kamen ins Harzgebirge und blieben dort, sie selbst und ihre Söhne und ihre Enkel bis auf den heutigen Tag."(11)

 Von den Holsten wurde so einiges aufgegeben, spätestens in dieser Periode auch die Einfelder Burg.

  1. Vgl. Irmtraut Engling, Das Neumünster-Buch, Neumünster, 1985, S. 9 ff.
  2. Vgl. Faunistisch-ökologische Arbeitsgemeinschaft, Das Dosenmoor, Kiel, 1998, S. 93 - 97
  3. Vgl. Alfred Dieck, Die europäischen Moorleichenfunde, Neumünster, 1965, S. 122 - 127 und vgl. Michael Gebühr, Moorleichen in Schleswig-Holstein, Schleswig, 2002, S. 18 ff.
  4. Vgl. Winfried Sarnow, Nortorf, Neumünster, 1981, S. 26
  5. Alexander Heine, Einhard, Das Leben Karls des Großen, Essen, 1986, S. 51 - 52
  6. Vgl. Alexander Heine, Adam von Bremen, Hamburgische Kirchengeschichte, Essen, 1986, zweites Buch, 15 b, S. 95 - 96
  7. Vgl. Irmtraut Engling, Das Neumünster-Buch, Neumünster, 1985, S. 21 ff.
  8. Vgl. Hans Hingst, in: Die Heimat, Neumünster, Heft 6, 1950, S. 165 - 167
  9. Vgl. Irmtraut Engling, Das Neumünster-Buch, Neumünster, 1985, S. 20 - 21
  10. Vgl. Irmtraut Engling, Das Neumünster-Buch, Neumünster, 1985, S. 31
  11. Alexander Heine, Helmold, Chronik der Slaven, Essen, 1990, Nr. I 26, S. 97