|  | Kapitel 
              6. Gottschalk Daso in der Vision des Bauern Gottschalk  us 
              dem Mittelalter sind rund 170 Visionsschriften bekannt, die Jenseitsreisen 
              von Menschen schildern. Der Visionär verfällt meist in 
              Ekstase oder Schlaf, seine Seele verlässt den Körper, 
              der wie tot zurückbleibt. Solche Berichte fanden im 12. Jahrhundert 
              einen ausgesprochenen Höhepunkt und gehörten zur erbaulichen 
              Literatur des Mittelalters.(1)
  Zwei 
              der Visionstexte kommen aus dem holsteinischen Kernland. Sie schildern 
              die Visionserlebnisse eines Bauern. Die erste Visionsschrift wurde 
              mit hoher Wahrscheinlichkeit von Sido oder zumindest unter seiner 
              Aufsicht verfasst. Er war von 1177 bis 1204 Probst des Augustiner-Chorherrenstifts 
              von Neumünster.(2) Den zweiten Text hat 
              vermutlich ein Pfarrer aus Nortorf geschrieben. Wahrscheinlich ein 
              mit Sido befreundeter Kollege des Archidiakonats Hamburg.  Da 
              Sido von der Wissenschaft des 20. Jahrhunderts eindeutig als Fälscher 
              überführt wurde, der sich Grund und Boden für seinen 
              Stift wiederrechtlich anzueignen bemühte, kann davon ausgegangen 
              werden, dass mit der Visionsschrift ähnlich unehrenhafte Ziele 
              verfolgt worden sind.  Mit 
              Hilfe der Visionsschriften, die über die Pfarrer in der Holsteinischen 
              Bevölkerung Verbreitung hätten finden können, sollte 
              der politische Boden für einen System-, Werte- und Führungsschichtwechsel 
              bereitet werden. Um die Glaubwürdigkeit der Schriften in der 
              bäuerlichen Bevölkerung zu untermauern, gaben die Visionsautoren 
              vor, die Texte völlig unabhängig von einander auf der 
              Grundlage von Befragungen des unter Visionen leidenden Bauern verfasst 
              zu haben. Letztlich ging es den Autoren um die Machtergreifung des 
              Adels und der Kirche im Land, die noch in der Leibeigenschaft der 
              meisten Holsten münden sollte.  Die 
              Autoren schildern in ihren Schriften die Nahtod- und Visionserlebnisse 
              eines Bauern namens Gottschalk. Solche Berichte von Personen, die 
              knapp dem Tod entgangen sind, kennen wir aus allen Kulturen und 
              Zeiten. Nur, dass in unserem Fall die Nahtoderlebnisse des Bauern 
              von den beiden Geistlichen mit einer verfärbten regionalen 
              Geschichte Holstein geschmückt wurden.  Nach 
              den Schilderungen lebte der Bauer Gottschalk (Godeschalcus) im Dorf 
              Großharrie. Dieser Ort lag eingekeilt zwischen dem Dosenmoor 
              im Nordwesten und dem dichten Urwald des Isarnho im Nordosten, am 
              nordöstlichen Zipfel des damaligen Kirchspiels Neumünster 
              in Holstein.(4)  Über 
              Großharrie wird bereits bei Helmold berichtet, dass im Jahr 
              1155 eine erblindete Frau namens Adelburgis eine Vision gehabt habe, 
              in der ihr der bereits verstorbene Bischof Vicelin erschienen sei: 
              Und sofort streckte er seine rechte 
              Hand aus und machte das hochwürdige Zeichen des Kreuzes über 
              ihren Augen und segnete sie. Als aber am Morgen die Frau erwachte, 
              merkte sie, dass durch Gottes Eingreifen zugleich mit dem Dunkel 
              der Nacht auch das Dunkel der Blindheit vertrieben war.(5)
  Wir 
              wissen nicht, ob Vicelin der Frau Adelburgis einmal einen wertvollen 
              Hinweis gegeben hatte, wie der Ofen des Hauses besser abziehen könne. 
              In jener Zeit litten nämlich viele Menschen durch Qualm bedingt 
              an entzündeten Augen. Denkbar ist aber auch, dass in Großharrie 
              die im Mittelalter bekannten und Visionen auslösenden Drogen 
              wie Tollkirsche, Bilsenkraut, Stechapfel, Schierling oder Taumellolch 
              konsumiert wurden und somit die Spökenkieckerei dort eine Heimstätte 
              fand. Frau Adelburgis konnte sich aber glücklich schätzen, 
              dass sie als Visionärin nicht in den Jahren nach 1489 lebte, 
              als mit der Einführung des päpstlichen Hexenhammers die 
              Inquisitionszeiten angebrochen waren. Für die Menschen des 
              12. Jahrhunderts besaß eine Vision hingegen eine legitime 
              Aussagekraft.  
               Der 
              zweite Visionär aus jenem Ort, der Bauer Gottschalk, soviel 
              ist anzunehmen, gehörte zur ersten Generation von Holsten, 
              die dem Aufruf von Graf Adolf II. zur Landnahme im eroberten Osten 
              gefolgt war, denn sein Haus lag nur rund 2 km östlich vom Grenzbach 
              Dosenbek beziehungsweise vom holsteinischen Kernland entfernt. Hier 
              teilte er das Kolonialschicksal seiner Zeit mit anderen: In der 
              ersten Generation wartete der Tod, in der zweiten die Not und in 
              der dritten das Brot. Sein Land gehörte nach dem Güterverzeichnis 
              des Augustiner-Chorherrenstifts, das unter Aufsicht von Probst Sido 
              verfälsch wurde, zur Ausstattung des Stifts Neumünster, 
              an das der Bauer Gottschalk einen Zehnten abführen musste.(6) 
              Aber seine Felder sowie das Haus waren sein und er gehörte 
              auch nicht zu den Ärmsten, da er noch denen etwas abgab, die 
              noch weniger hatten. Obwohl er ein Pferd besaß, dass allerdings 
              bald krepierte, folgte er dem militärischen Dienst im Dezember 
              1189 barfuß. Kränklich war er ein Leben lang. Seine Frau 
              war halb blind und sein Sohn galt als Schwächling, womöglich 
              ein Schwachkopf (imbecillis). Mit ihnen musste er seinen Hof alleine 
              bewirtschaften, da seine beiden Töchter offensichtlich nicht 
              mehr Zuhause wohnten. Sein Leben bestand aus sehr harter Feldarbeit 
              bei schlechten Erträgen. Außerdem musste er Burg- und 
              Bohlenwegbau sowie Militärdienst als Preis für seine Freiheit 
              leisten.(7)  Ein 
              solches Leben am äußersten Rand der christlichen Welt, 
              deren Grenze mit dem Wald bzw. des Limes Saxoniae in Sichtweite 
              lag, war mehr als kärglich. Es gab nur wenige Möglichkeiten 
              diesem Elend zu entfliehen. Der sonntägliche Kirchgang bot 
              eine gewisse Abwechslung. Zudem gab die Religion dem Leben einen 
              Sinn. Der Lohn Gottes wartete, wenn auch erst im Jenseits.   In 
              gewisser Hinsicht war ein solches Leben ein Fortschritt. Noch eine 
              Generation zuvor galt bei den Holsten das alte Sachsenrecht, das 
              sich mit Blutrache, Diebstahl und räuberischen Überfällen 
              abfand. Zu dieser Generation gehörten die alten Bauernritter 
              wie einst Daso de Ennigge. Auch seine Söhne werden den weiteren 
              Aufbau eines feudalen Lehenssystems durch Graf Adolf II. mit Argwohn 
              verfolgt haben, sollten sie doch jetzt Abgaben leisten. Darüber 
              hinaus war ihre alte Ordnung zerschlagen worden und viele Holsten 
              durch Vorstufen der Leibeigenschaft ihrer Freiheit beraubt.  
               Nachdem 
              Adolf II. im Jahr 1164 einen militärischen Ratschlag des Holstenanführers, 
              Overbode Marcrad I., missachtet hatte, fiel der Graf bei einem Feldzug 
              von Herzog Heinrich dem Löwen gegen die Obotriten.(8) 
              Sein Sohn, Adolf III., trat später die Nachfolge an (1166-1202, 
              gestorben 1225). Der Herzog Heinrich der Löwe war inzwischen 
              auf dem Höhepunkt seiner Macht, als er 1168 die englische Prinzessin 
              Mathilde heiratete und 1172 eine Pilgerfahrt ins Heilige Land antrat.  Heinrichs 
              Vetter, der Staufer Kaiser Friedrich I. Barbarossa, 
              war in Norditalien in schwere kriegerische Auseinandersetzungen 
              verwickelt und bat 1176 den Löwen um Unterstützung für 
              einen Italienfeldzug. Der Welfe, Heinrich der Löwe, der lehensrechtlich 
              zu dieser Hilfe nicht verpflichtet war, forderte als Gegenleistung 
              die Reichsvogtei Goslar. Doch Barbarossa verweigerte ihm diese und 
              so blieb Heinrich dem Schlachtfeld fern. Aus Rache sprach Barbarossa 
              die Reichsacht über den Löwen aus, entzog ihm 1181 alle 
              Reichslehen und vertrieb ihn für den Zeitraum von 1181 bis 
              1185 zu seinem Schwiegervater, König Heinrich II. von England.(9)
  
               In 
              diesen Wirren wechselte Graf Adolf III. noch rechtzeitig die Seiten 
              zu Gunsten des Kaisers und je nachdem, wie weit sich der Herzog 
              oder der Graf im Land durchsetzen konnten, wurden die Spitzenpositionen 
              in Holstein neu besetzt. Das holsteinische Bauernrittertum hingegen 
              hielt weiterhin beharrlich zu Heinrich dem Löwen. So vertrieb 
              Adolf III. den neuen Overboden Marcrad II., Sohn von Marcrad I., 
              im Jahr 1181.(10) Er verstarb wenige Monate 
              später im dänischen Exil.(11) In 
              diese Periode fällt vermutlich auch die Gründung des an 
              der Eider gelegenen Ortes Dosenrade, die Rodung und kleine Wasserburg 
              eines gewissen Doso.(12) Im holsteinischen 
              Kernland hingegen wurde Sirik von Gadeland von Adolf III. als neuer 
              Overbode eingesetzt.(13)  
               Als 
              Kaiser Friedrich Barbarossa im Mai 1189 zum Dritten Kreuzzug ins 
              Heilige Land antrat, befand sich auch Graf Adolf III. in dem Heer. 
              Da der inzwischen zurückgekehrte Heinrich der Löwe nicht 
              teilnehmen wollte, verpflichtete er sich, erneut drei Jahre in die 
              Verbannung zu gehen.  
               Kaiser 
              Barbarossa, der auf dem Kreuzzug im Juni 1189 in Syrien angekommen 
              war, erlitt im Alter von 68 Jahren einen Herzschlag beim Baden im 
              Salep und ertrank. Heinrich der Löwe nutzte diese Gelegenheit, 
              kehrte im September 1189 aus seinem englischen Exil zurück 
              und beanspruchte ohne nennenswerte Gegenwehr seine alten Rechte. 
              Die ehemaligen Anführer der Holsten und Stormarner eilten sogar 
              zu ihm und forderten ihn auf, das Land wieder einzunehmen. Der Löwe 
              war hoch erfreut und versprach den Nordelbiern für die Zukunft 
              seine Gunst. Holsten und Stormarner besetzten daraufhin Hamburg, 
              Plön und Itzehoe. Nur Segeberg widerstand der Belagerung. Sie 
              zog sich bis in den Winter hinein.  
               Die 
              Belagerungstruppen schienen fest unter der Kontrolle des welfischen 
              Befehlshabers, Walter von Blandensile, zu sein. Doch plötzlich, 
              vermutlich nach einem 14-tägigen turnusmäßigen Besatzungstruppenaustausch, 
              wurde dieser von einem an der Stör wohnenden Holsten namens 
              Eggo Sture und dessen Leuten angegriffen. Sture hatte sich offensichtlich 
              auf die kaiserliche Seite geschlagen. Ein Strafunternehmen, das 
              Heinrich der Löwe daraufhin befahl, wurde ein Misserfolg. Die 
              Nordelbier hingegen gewannen viel Geld, als der von ihnen gefangene 
              Walter von Blandensile ausgelöst werden musste. Jetzt war das 
              Ende von Heinrich dem Löwen nah, doch er gab noch nicht auf.  
               Welche 
              Überlegungen bei Teilen der Holsten zum Seitenwechsel geführt 
              hatten und welche Rolle der neue gräfliche Overbode Sirik von 
              Gadeland dabei spielte, ist unbekannt.(14)  
               Im 
              Herbst 1189 traf Adolf III., vom Kreuzzug zurückgekehrt, wieder 
              in Nordelbien ein. Dort bildete sich eine Partei, die sich auf eine 
              Zusammenarbeit mit ihm einstellte. Er hatte einen großen Anteil 
              daran, dass Heinrich der Löwe nicht wieder Fuß fassen 
              konnte.  
               Die 
              Kirche gehörte offensichtlich aus ökonomischen Gründen 
              zu den Parteigängern des Grafen Adolf III., da sie nach der 
              Einführung eines feudalen Lehenssystems zahlreiche Zehnten 
              bezogen. Von der bäuerlichen Führungsschicht hingegen 
              hatte die Kirche nur unregelmäßige Spenden zu erwarten. 
              Auch musste im Augustiner-Chorherrenstift befürchtet werden, 
              dass im Falle einer erneuten Machtergreifung von Heinrich dem Löwen 
              die Urkundenfälschungen von Probst Sido auffliegen würden.  Die 
              örtliche Kirche hatte also eindeutig die gräfliche beziehungsweise 
              kaiserliche Seite ergriffen. So wurden auch in Sidos Kirchenschrift 
              über die Vision des Bauern Gottschalk neben Graf Gunzel von 
              Schwerin, dem bedeutendsten Gefolgsmann von Heinrich dem Löwen, 
              zahlreiche ortsnahe Bauernritter in der Vorhölle gebraten. 
              Die Feuerstelle erinnert an Bauerneisenschmelzen, wie sie noch in 
              jener Zeit betrieben wurden.  
               Die 
              Visionsschrift des Autors aus Neumünster scheint dann aber 
              doch außer Landes geschafft worden zu sein, was zu einigen 
              Spekulationen Anlass gibt.  Zu 
              jener Zeit war nämlich noch nicht ganz eindeutig geklärt, 
              wer letztlich im Konflikt zwischen Staufer und Welfen die Oberhand 
              gewinnen würde. Für Heinrich den Löwen bestand beispielsweise 
              die Chance, dass ihm der Englische König, Richard Löwenherz, 
              nach seiner Rückkehr aus dem Heiligen Land zu Hilfe kommen 
              könnte. Doch dort überschlugen sich ebenfalls die Ereignisse.
  Als 
              die arabische Hafenstadt Akko 1191 von englischen, französischen 
              und deutschen Kreuzrittern eingenommen worden war, begann dort das 
              normale Gezänk über das Errungene. Der Englische König 
              Richard Löwenherz und der Französische König Phillip 
              stellten beide ihre Standarten auf, da sie vereinbart hatten, sich 
              die Beute des Kreuzzuges gerecht zu teilen. Leopold von Österreich, 
              der den mitleiderregenden Rest von Barbarossas Kreuzzug anführte, 
              stellte ebenfalls seine Standarte auf, die Richard jedoch in den 
              Burggraben warf. Er war nicht bereit, mehr als erforderlich zu teilen, 
              was ihm noch zum Verhängnis werden sollte. Als Richard Löwenherz 
              am 9. Oktober 1192 die Heimreise von seinem Kreuzzug antrat, erlitt 
              er Schiffbruch und war gezwungen, über Land durch das Gebiet 
              von Leopold von Österreich zu reisen. Obwohl er als Tempelritter 
              verkleidet war, wurde er in einem Gasthaus erkannt und festgenommen. 
              Leopold übergab ihn an den neuen Staufer Kaiser Heinrich VI., 
              der ihn nach einem Jahr Gefangenschaft für eine enorme Lösegeldsumme 
              schließlich wieder frei lies.(15) 
              Jetzt war es für Hilfsmaßnahmen zugunsten Heinrich des 
              Löwen zu spät.  
               Die 
              unsicheren politischen Verhältnisse können der Grund für 
              die Unterdrückung der Visionsschrift „Godeschalcus“ 
              in Holstein gewesen sein. Vielleicht spielte aber auch der Seitenwechsel 
              einiger Bauernritterfamilien eine Rolle oder diese gehörten 
              zumindest zu den Sponsoren der Kirche. Nach Angaben des unter Aufsicht 
              von Probst Sido verfälschten Güterverzeichnises des Stifts 
              Neumünster(16) zählten um 1200 zwei 
              der Höllendelinquenten zu den Mäzenen des Stifts. Eindeutig 
              festzustellen ist jedenfalls, dass von keinem Autor des Mittelalters 
              auf Sidos Schrift verwiesen wurde. Die andere Fassung des Nortorfer 
              Pfarrers ist hingegen mehrfach abgeschrieben worden und beinhaltet 
              dadurch sehr viele Fehler. Sie wurde bereits im Jahr 1220 von Heisterbach 
              im „Dialogus miraculorum“ erwähnt.(17)   Im 
              Folgenden sollen aber überwiegend nur Sidos Schilderungen wiedergegeben 
              werden, da seine Beschreibungen wesentlich ausführlicher 
              sind und zudem sehr viel mehr Personen beim Namen genannt werden. 
              Sein Text dürfte in der Zeit zwischen August und Oktober 1190 
              geschrieben worden sein.(18) Die 
              Schilderung  Im 
              Jahre 
              1188 (27. März) nach 
              der Fleischwerdung des Herrn (auf dem 
              Reichstag zu Mainz) nahm der ruhmvolle 
              Kaiser Friedrich (Barbarossa) 
              Christi Kreuz und weihte sich zum Kampf gegen 
              die Feinde dieses Kreuzes in Demut für eine Pilgerfahrt nach 
              Jerusalem (Dritter Kreuzzug) und unter 
              dem sonstigen, was er zur Erhaltung des Friedens für das Gemeinwesen 
              während der Zwischenzeit vorsorglich anordnete, zwang er Herrn 
              Heinrich (den Löwen), 
              der Herzog von Bayern und Sachsen geheißen hatte (in 
              Goslar, im Juli oder August 1188), 
              das Reichsgebiet auf drei Jahre zu verlassen; denn er war ihm wegen 
              der früheren Feindseligkeiten verdächtig.  Heinrich 
              aber machte sich aus der Abwesenheit des Kaisers Hoffnung auf eine 
              gute Gelegenheit, seine Stellung zurückzugewinnen und kehrte 
              schon im ersten Jahre nach seiner Ausreise von England (im 
              September 1189) nach Sachsen zurück. 
              Er wurde vom Erzbischof Hartwig (II.) 
              von Bremen (Erzbischof 
              von 1185 bis 1207) empfangen und erhielt 
              Burg und Grafschaft Stade mit dem ganzen Lehenbesitz, den er einst 
              als Herzog von der Bremer Kirche übertragen erhalten hatte, 
              von ihm zurück. Von dort ging er über die Elbe und gewann 
              mit Leichtigkeit die Grafschaft Adolfs (III., 
              Graf von Holstein 1166 - 1202), der 
              mit dem Kaiser (Barbarossa) 
              auf Pilgerfahrt war; denn der stellvertretende 
              Graf Adolf (I.) von 
              Dassel fühlte, dass fast das ganze Volk der Holsten innerlich 
              Herrn Heinrich (den Löwen) 
              zuneigte und wagte ihm daher keinen Widerstand 
              zu leisten. Er hatte aber in die Burg Segeberg (in 
              Holstein) eine Besatzung von Kriegern 
              gelegt und begab sich mit seinem Gefolge in die Stadt Lübeck 
              in der Meinung, hier von einer Verfolgung durch Heinrich 
              (den Löwen) sicher 
              sein zu können.  Nun 
              hatte Herr Heinrich (der 
              Löwe) schon früher 
              (nämlich 1180) erlebt, 
              dass die Burg nicht leicht einzunehmen ist. So beschloss er, da 
              das ganze Volk der Holsten sich in acht Gruppen (beziehungsweise 
              Kirchenspiele) gliedert, eine jede 
              von ihnen solle die Burg für zwei Wochen umlagern, freilich 
              nicht, um sie zu erobern, sondern nur, um zu verhüten, dass 
              die Krieger womöglich durch einen Ausfall unserem Land Schaden 
              zufüge und für sich Beute machten, indem sie zusammenraffen, 
              was ihnen für ihre Zwecke brauchbar erscheinen mochte.
 Wie 
              Gottschalk zur Burg 
              (Segeberg) kam, 
              dort erkrankte und wieder nach Hause gebracht wurde:  In 
              unserer Pfarrei Neumünster lebte ein Mann mit dem Namen Gottschalk, 
              ein einfacher, aufrechter Mensch, arm an Geist und Habe, ein Siedler 
              (und Rodungsbauer) in 
              der Einöde - und doch kein Einsiedler, sondern einer, der sein 
              Feld bestellte -, eines einzigen Weibes Mann, neben dem er nie eine 
              andere Frau angerührt hat; von ihr hat er einen Sohn und zwei 
              Töchter. An mancherlei langwierigen, schweren Krankheiten hat 
              er sein ganzes Leben hindurch gelitten; aber in der Zeit seines 
              Wohlbefindens ist er unermüdlich tätig, Buchen, Eichen 
              und die anderen Bäume nicht nur (durch 
              Viehverbiss) kurz zu halten, sondern 
              mitsamt den Strubben zu roden und so erweitert er (als 
              freier Bauer) seine Felder, die Saat 
              zu streuen. Indem er diese Felder bestellt, isst er sein Brot im 
              Schweiße seines Angesichts. Ihm steht nicht der Sinn nach 
              fremden Eigentum und er beschafft sich nichts durch Raub und Dieberei, 
              wie man es unseren Leuten, den Holsten, gern nachsagt: Von seiner 
              Habe, die er nur durch rechte Mühsal zusammengebracht hat, 
              teilt er, soweit er es eben kann, in Güte anderen mit.  
               Als 
              nun dem geplanten Turnus entsprechend unsere Pfarrangehörigen 
              zur Belagerung der Burg abgerufen wurden, wandte sich Gottschalk 
              - sehr wohl wissend, bei seiner Schwächlichkeit werde er die 
              Mühsal und Gefahr einer Belagerung nicht durchstehen können 
              - in eigener Person und durch Vermittler an den Overboden unseres 
              Landes 
              (Sirik von Gadeland) mit 
              der dringenden Bitte, ihm möge mit seiner Erlaubnis gestattet 
              werden, an diesem Unternehmen nicht teilzunehmen; aber er erreichte 
              nichts. So bereitete er denn in dieser Zwangslage alles Mögliche 
              für seine Ausrüstung vor, lud sich alles - sein eigener 
              Packesel - auf den Rücken (zum 
              Fußdienst, obwohl er ein Pferd besaß) und 
              machte sich mit seinen Kameraden auf den Weg, derweilen seine Frau 
              ihn keifend zurückrief: Aus einem Traumgesicht glaubte sie 
              zu wissen und verkündete es ihm, er werde nie mehr lebendig 
              zurückkommen oder unter einer so tödlichen Krankheit zu 
              leiden haben, dass es für ihn besser sei, schon tot zu sein 
              als noch weiter zu leben. Er aber gab ihr nicht nach, als sie ihn 
              zurückhalten wollte und obwohl schon damals der Keim der Krankheit 
              in ihm steckte, stand er den begonnenen Marsch durch und kam am 
              Sonntagabend (den 
              10. Dezember 1189) vor der Burg 
              (Segeberg) an. 
              Denn so war es geplant worden, dass stets am Sonntag, nach Ablauf 
              von zwei Wochen andere antreten und die, die ihren eigenen Dienst 
              abgeleistet hatten, heimkehren sollten.  
               Am 
              Dienstag 
              (den 12. Dezember 1189) zur 
              Abendstunde überfiel ihn zum ersten Mal schwere Fieberschauer, 
              dann entschwand seinen Gliedern allmählich die Kraft und er 
              streckte sich schließlich auf sein Lager; gleichwohl war er 
              noch bei Sinnen und verlor auch bis zum nächsten Sonntag 
              (den 17. Dezember 1189) nicht 
              die Sprache. Immer wieder sahen seine Zeitgenossen nach ihm, denen 
              seine Krankheit herzlich Leid tat; ein Priester (vermutlich 
              der Pleban der Marktkirche von Segeberg) wurde 
              gerufen und er stärkte ihn mit dem Sakrament des Leibes Christi: 
              Seit er sich niedergelegt hatte, war das die einzige Speise, die 
              er zu sich nahm, bis er sich schließlich irgendwie wieder 
              erholte. Von Sonntag bis Mittwoch (den 
              17. bis 20. Dezember 1189) aber schwanden 
              ihm alle Sinne, sein Gesicht wurde bleich, die Zunge verstummte, 
              der Pulsschlag verlangsamte sich, das Denken setzte aus und der 
              ganze Leib wirkte, als sei er entseelt. Am Mittwoch entströmte 
              seine Seele, wie der Kranke es selbst bezeugt, vollständig 
              dem Gefäß des Leibes, um Unsichtbares zu sehen, Unsagbares 
              zu Hören ... .   
               Am 
              Sonntag 
              (den 
              24. Dezember 1189), der für unsere 
              Pfarrangehörigen der letzte Tag bei der Belagerung der Burg 
              und für Gottschalk der Letzte seiner Vision war, machten sich 
              alle zusammen zur Heimkehr auf und seine Freunde hoben ihn auf einen 
              Karren und schickten sich an, ihn nach Hause zu bringen. Als sie 
              aber auf ihrem Marsch an unserer (St. 
              Marien) Kirche (in 
              Neumünster) vorbeikamen und sie 
              aus der Nähe sahen, erörterten sie ernsthaft untereinander, 
              ob sie ihn zur Abkürzung der Schinderei nicht schon jetzt zur 
              Kirche bringen sollten, um ihn so zu begraben: Wenn sie ihn erst 
              nach Hause brächten, nur um ihn, wie sie meinten, am nächsten 
              Tage zur Beerdigung wieder zur Kirche zurückzuschaffen, brauchten 
              sie doch nicht eine doppelte Arbeit aufzuladen; denn sein Dorf 
              (Groß)Harrie 
              liegt eine gute Meile (also 
              rund 7 km) von Neumünster entfernt. 
              Trotzdem, in einem vernünftigeren Entschluss, wie es sich zum 
              Ende erweisen sollte, fuhren sie ihn nach Hause. Dass immerhin mit 
              einem Menschen unter Menschen und von Menschen derart verfahren 
              worden ist, das ist durch sehr viele Leute bezeugt.  
               Welch 
              ein Erlebnis aber unterdessen seine Seele gehabt hat nach dem Willen 
              dessen, der allein große, wunderbare Dinge tut, das will ich 
              vor dem, der es lesen will und zu wissen wünscht, getreulich 
              ausbreiten, so wie ich es aus seinem eigenen wahrhaftigen Bericht 
              mehrfach vernommen habe; denn die Herzenseinfalt des Mannes, dem 
              es fremd ist, gewunden daherzureden, die Sauberkeit seiner Worte, 
              die zu den Dingen stimmt und nicht vom Glauben abweicht, seine unablässigen 
              Seufzer und die Fülle seiner Tränen stellen dem Berichtenden 
              das Zeugnis der Wahrhaftigkeit aus. Gottschalks 
              Vision Von 
              den beiden Engeln, die ihn geleiteten:  
               In 
              der zweiten Woche seiner Krankheit, am Mittwoch 
              (den 20. Dezember 1189), 
              traten zwei Engel, schön von Angesicht, in schneeweißem 
              Gewand, in gemessener Haltung, gelassenen Schrittes freundlich auf 
              ihn zu, gar nicht, als ob er ein Fremder sei. Der eine von ihnen, 
              der sich ihm auch in der Folge dienstwillig zu erweisen pflegte, 
              fasste ihn bei der rechten Hand; der andere, der sich allein für 
              ihn ansprechlich zeigte, fasste ihn bei der linken Hand und forderte 
              ihn auf, sie zu begleiten. Als er sich ohne irgendwelche Angst sogleich 
              fügte und nur besorgt fragte, wohin sie ihn denn bringen wollten, 
              gab jener zur Antwort, darüber brauche er sich keine Sorgen 
              zu machen, und er ermahnte ihn, ihnen nur ohne Zagen zu folgen. 
              So nahmen sie ihn denn in die Mitte und führten ihn an der 
              Hand, ohne dabei mit ihm oder untereinander zu sprechen: Schweigend 
              legten sie einen Weg von annähernd zwei Meilen 
              (beziehungsweise 14 km zurück), 
              in der Richtung von Norden gen Süden."(19)  Auf 
              den folgenden Seiten berichtet Sido über die weiteren Erlebnisse 
              des Bauern Gottschalk im Jenseits, das topographisch betrachtet 
              an vielen Stellen Ähnlichkeiten mit dem Kirchplatz von Neumünster 
              aufweist.  Zusammenfassend 
              kann erläutert werden, dass Gottschalk im Jenseits Bäume 
              voller Schuhe, eine tiefgoldene Basilika und ein unsäglich 
              schönes Licht sah. Zwei Leidensstationen musste der Bauer zunächst 
              erleben, eine Dornenheide und einen Schreckensfluss. Einen ähnlichen 
              Fluss kennen wir aus der Völuspa, der Seherin Gesicht, der 
              Edda und auch der dänische Geschichtsschreiber Saxo Grammaticus 
              weiß von einem solchen voller Waffen starrenden Strom in der 
              Unterwelt zu berichten.(20)    Es 
              ist kaum vorzustellen, dass ein einfacher Bauer über solche 
              dichterischen Qualitäten beziehungsweise Literaturkenntnisse 
              während einer Vision verfügt haben soll. Die Indizien 
              sprechen vielmehr für ein politisches und literarisches Werk 
              des intellektuellen Probstes des Augustiner-Chorherrenstifts von 
              Neumünster, der im Konflikt zwischen Staufer und Welfen Partei 
              ergriffen hat. Einen wahren Kern wird die Visionsschrift jedoch 
              beinhalten. Warum sonst sollte der Autor seinem Visionär und 
              wie wir noch sehen werden, seinem größten Sünder, 
              den gleichen Namen gegeben haben. Sie heißen beide Gottschalk, 
              was so viel bedeutet wie Gottes Knecht.  
               Im 
              weiteren Verlauf des Visionstextes werden die Guten" 
              über die Leidensstationen geleitet und die Bösen" 
              beziehungsweise die Anhänger der Welfen entsprechend ihrer 
              Sünden erbärmlich bestraft. So sah Gottschalk, dass Mörder 
              ihre Opfer im Jenseits ständig auf dem Rücken tragen mussten. 
              Im Vergleich zu anderen geschilderten Folterungen, eine eher harmlose 
              Bestrafung. Schließlich gelangte Gottschalk zur dritten Leidensstation, 
              einem Feuerfolterplatz und erlebte dort Folgendes:  
              Von 
              der Pein des Feuers und von denen in ihm Bestraften:  Denn 
              es war da ein Feuer, nicht zu messen seine Hitze, sein Graus und 
              Schrecken ... Noch bevor seine Substanz die Büßer berührte, 
              die in ihm brennen sollten, ließ die aus ihm hervorströmende 
              Hitze sie weiß glühend werden. ... Gottschalk, dem von 
              seinen Führern in ziemlicher Entfernung, aber doch näher, 
              als ihm lieb sein mochte, ein Platz angewiesen worden war, wurde 
              von der Hitze des Feuers an der linken Seite ein bisschen gestreift; 
              er konnte die Pein nicht ertragen, entsetzte sich vor den Folterknechten 
              ... und unter lautem Wehgeschrei brüllt er, jetzt werde er 
              brennen, jetzt sei es aus mit ihm und er fleht unter Tränen, 
              man möge ihn schleunigst wegbringen ... . Das erreichte er 
              ... auch ... . Als er nun an einem Platz stand, der mehr Sicherheit 
              bot, sprach ihm der leutselige Engel gut zu und versicherte ihm, 
              weiter werde er nichts zu fürchten brauchen, er sagte, er sei 
              ja nicht deswegen hierher gebracht worden, um diese schwere Strafe 
              auf sich zu nehmen, sondern dass er sie nur mit ansehe und dadurch 
              andere wappnen könne, dem Bösen zu entsagen und das Gute 
              zu tun und sich so davor zu schützen, jemals an diese Folterstätte 
              zu kommen. Durch diesen Zuspruch gewann er an Selbstsicherheit, 
              dachte fleißig über alles nach, was dort vor sich ging 
              und fragte sorglich nach dem Sinn einzelner Vorgänge, die er 
              nicht begriff ... .  Außerdem 
              fanden sie dort gegen dreißig Menschen vor, von denen einige 
              erst kürzlich dorthin gekommen waren, während andere von 
              der Strafe in den Zustand der Ruhe übergegangen, jetzt aber 
              wieder zur Bestrafung zurückgekehrt waren. Zu ihrer Zahl, also 
              zu den Letzteren gehörten der  
              (bedeutendste Gefolgsmann Heinrichs des Löwen) 
              Graf Gunzelin (Guncelinus 
              comes), der Overbode von Holstein Marcrad 
              (II.) der 
              Jüngere (Marcradus junior prefectus 
              Holsacie), der Vogt Reimar (Reinmarus 
              advocatus), der Bode Daso (Daso 
              rector), Daso der Lange und andere 
              (Daso altus et alii), 
              die Gottschalk dort von der Person her wieder erkannte. Sie alle 
              wurden schwer, aber in verschiedener Weise gepeinigt. Denn manche 
              von ihnen wurden wie die Erstgenannten, andere an diesen oder jenen 
              Gliedern, an einem oder mehreren gebrannt, also so, dass mancher 
              nur an der Hand, ein anderer am Fuß, der Dritte am ganzen 
              Bein den Brandschmerz verspürte. Als Gottschalk seinen Dolmetscher 
              wissbegierig nach dem Sinn dieses unterschiedlichen Verfahrens fragte, 
              wurde er von ihm zwar sorgfältig über alles aufgeklärt, 
              aber wegen der Vielfalt der Fälle hat er es vergessen; jedoch 
              sagt Gottschalk, wer auf einer Seite, dass heißt an der Hälfte 
              des Körpers gestraft worden sei, sei des Ehebruchs schuldig, 
              der an den Füßen Gepeinigte sei auf verbotenen Wegen 
              gegangen und habe dadurch einen Bann gebrochen; wer mit dem Bauch 
              ins Feuer getaucht worden sei, sei ein Schlemmer und Trunkenbold, 
              wer an den Händen gebrannt worden sei, ein Dieb gewesen, und 
              ganz allgemein, wie es die Autorität der Heiligen Schrift bezeugt, 
              sei jeder eigens an dem Glied gestraft worden, das vornehmlich an 
              seiner Sünde Schuldig geworden sei. Vom 
              Dasoniden Gottschalk  Unter 
              allen jedoch, die sich beim Feuer fanden, hatte einer, Gottschalk, 
              ein Sohn Dasos des Älteren 
              (Daso 
              de Ennigge), von 
              dem die Dasoniden ihren Familiennamen angenommen haben (Godeschalcus 
              Dasonis senioris filius, a quo Dasonida cognomen acceperunt), 
              vor den Übrigen die allerschlimmsten Strafen zu erleiden. Er 
              war nämlich - nur das Gesicht ausgenommen - in einen Glaskolben 
              gesperrt worden und konnte keines seiner Glieder bewegen. Wie er 
              derart in der engen Röhre steckte, warfen ihn drei von den 
              Folterknechten in die eine der Ecken des Feuers, sie griffen sich 
              mit den übrigen sechs Folterknechten neun riesige Blasebälge 
              und setzten sie auf den beiden jenes Winkels in Betrieb und mit 
              aller Kraft fachten sie, einander noch aufmunternd, das Feuer immer 
              wieder an ... .  
               Als 
              unser 
              (Bauer) 
              Gottschalk die schlimmste Folterung seines 
              Namensvetters mit ansah, fragte er den Engel, was der denn verbrochen 
              habe, dass er derart leiden müsse und er erhielt zur Antwort, 
              der Heilige Martin sei der Anlass für sein schlimmes Los, weil 
              er ihn nämlich einmal in betrügerischer Absicht verkauft 
              habe. Überdies, setzte der Engel 
              hinzu, erdulde er solche Strafe schon, seit er gestorben sei und 
              werde bis zum Jüngsten Tage leiden müssen und jeden Tag 
              siebenmal so grausam gefoltert werden.  
               Da 
              ja nun der Dasonide, der unser Zeitgenosse ist, den Heiligen Martin 
              (von Tour, Begründer des ersten Mönchklosters 
              in Gallien, der 371 zum Bischof ernannt wurde) nicht 
              zu Gesicht bekommen hat, ist zum Verständnis ein Hinweis erforderlich, 
              was der Engel mit dem Verkauf gemeint hat." (Der 
              Dasonide war nämlich rund 30 Jahre zuvor in eine Affäre 
              verwickelt worden. Er hatte die von der Sippe der Bakariden aus 
              der Kirche von Nortorf gestohlenen Gebeinsfragmente des Heiligen 
              Martin für sechzehn Mark erwerben können und wollte von 
              der Kirche für die Rückführung der Reliquie die Summe 
              erstattet bekommen. Dadurch geriet er selber unter Verdach und sollte 
              mittels einer Feuerfolterung seine Unschuld beweisen.) Aber 
              als sie 
              (der Dasonide und ein ebenfalls verdächtigter 
              Mann namens Hubiko) bei uns 
              (in Neumünster) am 
              festgesetzten Tage erschienen, um in Gegenwart des Grafen ihre Unschuld 
              durch ein solches Beweismittel zu erhärten, verschob der Graf 
              auf Einspruch der Chorherren unseres Hauses das Gericht, wenn auch 
              gegen seinen (Graf Adolf II.) 
              Willen und später verlangte er es nicht 
              mehr von ihnen, da irgendetwas dazwischenkam"(21) 
              (bzw. der Graf während eines Fedzuges 
              am 6. Juli 1164) zum 
              Tode getroffen"(22) 
               (wurde).  In 
              der anderen Textfassung über die Vision des Bauern Gottschalk, 
              die etwas später vermutlich auf der Grundlage der ersten Fassung 
              von dem Pfarrer aus Nortorf geschrieben wurde, wird die Geschichte 
              des Reliquienraubes in nur wenigen Sätzen geschildert. Die 
              Dasoniden finden in ihr keine namentliche Erwähnung. Hier wird 
              lediglich von einem Mitwisser gesprochen, der zu den führenden 
              Leuten des Landes gehörte. Dafür wird in dieser Fassung 
              ausführlicher auf die vermeintlichen Untaten des Overboden 
              Marcrad II., Holstenanführer von 1170 bis 1181/82, eingegangen.(23)   Auffällig 
              ist in diesem Zusammenhang, dass der Autor Sido aus Neumünster 
              seinen schlimmsten Sünder im Kirchspiel Nortorf und somit auf 
              dem Territorium des ehemaligen Bodebezirks des Boden Daso ausmachte. 
              Der Nortorfer Autor hingegen die Missetaten des Overboden aus Arpsdorf 
              bei Neumünster ausführlich schilderte.  Der 
              Verdacht liegt nahe, dass die beiden Kirchenmänner solche Darstellungen 
              wählten, um nicht zu großen Anstoß in der ortsansässigen 
              Bevölkerung ihrer Gemeinden zu nehmen. 
              Vgl. 
                Walther Lammers, Gottschalks Wanderung im Jenseits, Wiesbaden, 
                1982, S. 152-153Vgl. 
                Hans Braunschweig, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische 
                Geschichte, Neumünster, 2003, Bd. 128, S. 18-19Vgl. 
                Wolfgang Prehn, Gesellschaft, Wirtschaft und Verfassung in Altholstein, 
                Diss. Hamburg, 1958, S. 147, vgl. Heinz Ramm, Landschaft, Großkirch 
                und Burgvogtei, Diss., Hamburg, 1952, S. 119, vgl. Walther Lammers, 
                Das Hochmittelalter bis zur Schlacht von Bornhöved, Neumünster, 
                1981, S. 58 und vgl. Enno Bünz, in: Zeitschrift der Gesellschaft 
                für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Neumünster, 
                1994, Bd. 119, S. 32 - 51Vgl. 
                Erwin Assmann, Godeschalcus und Visio Godeschalci, Neumünster, 
                1979, S. 10 u. 26Alexander 
                Heine, Helmold, Chronik der Slaven, Essen, 1990, Nr. I 79, S. 
                221Vgl. 
                Enno Bünz, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische 
                Geschichte, Neumünster, 1994, Bd. 119, S. 67 u. 94Vgl. 
                Erwin Assmann, Godeschalcus und Visio Godeschalci, Neumünster, 
                1979, S. 10-16Vgl. 
                Alexander Heine, Helmold, Chronik der Slaven, Essen, 1990, Nr. 
                II 100, S. 284-285Vgl. 
                Hansgeorg Loebel, Niedersachsen, Hameln, 1984, S. 27Vgl. 
                E. Hoffmann, in: Zeitschrift der Gesellschaft  für Schleswig-Holsteinische 
                Geschichte, Neumünster, 1975, Bd. 100, S. 39Vgl. 
                Walther Lammers, Das Hochmittelalter bis zur Schlacht von Bornhöved, 
                Neumünster, 1981, S. 370-374 
                Vgl. Wolfgang Laur, Historisches Ortsnamenslexikon von Schleswig-Holstein, 
                Neumünster, 1967, S. 217,Walther Lammers, Das Hochmittelalter bis zur Schlacht von Bornhöved, 
                Neumünster, 1981, S. 77,
 Paul von Hedemann, Heimatbuch des Kreises Rendsburg, Rendsburg, 
                1922, S. 328
  
                Vgl. 
                Irmtraut Engling, Das Neumünster-Buch, Neumünster, 1985, 
                S. 34 
                Vgl. Walter Lammers, Das Hochmittelalter bis zur Schlacht von 
                Bornhöved, Neumünster, 1981, S. 370-376 
                 
                Vgl. Terry Jones, Die Kreuzzüge, Augsburg, 2000, S. 180 ff.Vgl. 
                Enno Bünz, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische 
                Geschichte, Neumünster, 1994, Bd. 119, S. 37 und vgl. Wolfgang 
                Prehn, Gesellschaft, Wirtschaft und Verfassung in Altholstein, 
                Diss. Hamburg, 1958, S. 147 
                Vgl. 
                Erwin Assmann, Godeschalcus und Visio Godeschalci, Neumünster, 
                1979, S. 17 u. 35-37Vgl. 
                Walther Lammers, Gottschalks Wanderung im Jenseits, Wiesbaden, 
                1982, S. 7 
                Erwin Assmann, Godeschalcus und Visio Godeschalci, Neumünster, 
                1979, S. 47-55 
                Vgl. Walther Lammers, Gottschalks Wanderung im Jenseits, Wiesbaden, 
                1982, S. 148 u. 154 
                Erwin Assmann, Godeschalcus und Visio Godeschalci, Neumünster, 
                1979, S. 73-87 
                Alexander Heine, Helmold, Chronik der Slaven, Essen, 1990, Nr. 
                II 100, S. 285Vgl. 
                Erwin Assmann, Godeschalcus und Visio Godeschalci, Neumünster, 
                1979, S. 177 - 179 
 
 |  |